Foto: Markus Krause

Der Druckbogen aus dem Retronom in Erfurt

Er ist Zeugnis der Vergangenheit des Ortes und persönliche Botschaft aus der eigenen Familiengeschichte

// Im Keller des Retronoms in der Erfurter Johannesstraße 17a entdeckten wir dieses verwitterte, vom Zahn der Zeit ziemlich zernagte Blatt Papier. Bei genauerer Betrachtung entpuppte sich die vergilbte Seite als Zeugnis der Vergangenheit und persönliche Botschaft aus der eigenen Familiengeschichte.

Denn in den Räumlichkeiten, in denen heute kunterbunte Ausstellungen, mitreißende Konzerte und kreative Kleinkunst ihr Zuhause haben, drückten in der DDR schwere Druckerpressen über Jahrzehnte aus beweglichen Lettern gesetzte Sätze auf das Papier.

Bis zu ihrer Auflösung und Eingliederung in den VEB Druckerei Fortschritt auf der gegenüberliegenden Straßenseite, war die Gutenbergdruckerei das Zentrum des Universums unserer Familie. Urgroßvater Hugo leitete das Unternehmen, Großmutter arbeitete als gelernte Druckermeisterin und unsere Mutter verbrachte die schönsten Jahre ihrer Kindheit zwischen den Setzkästen und Papierstapeln.

Der Verlust der Firma war eine starke Zäsur und hinterließ tiefe Narben im kollektiven Unterbewusstsein der eigenen Vorfahren. So ist es in gewisser Weise eine schicksalhafte Verkettung kosmischer Zufälle und eine logische Instinkthandlung in einem, wenn Jahrzehnte später die nächste Generation diese einzigartigen Räume auf völlig neue Art und Weise für sich entdeckt und mit modernen Ideen, Motiven und Inspirationen zum Leben erweckt haben.

Verblüffenderweise schließt sich der Kreis hier an mehreren Stellen, bis hin zu der Tatsache, dass wir einen Verlag gegründet haben, um gedruckte Bücher zu veröffentlichen. Irgendwie konsequent.

www.retronom.net

Text: Markus “Klarke” Krause (Druckerei-Nachfahre und Mitbegründer des Retronom)