KULTURRIESE – Preis der Thüringer Soziokultur

Der KULTURRIESE – Preis der Thüringer Soziokultur wird von der LAG Soziokultur Thüringen und ihren Mitgliedern seit dem Jahr 2008 jährlich an herausragende Beispiele soziokultureller Praxis und freier Kulturarbeit in Thüringen vergeben.

Die Preisträger ab 2017 und weitere Informationen zum Preis findet ihr unter: https://www.soziokultur-thueringen.de/projekte#!kulturriese

Mit dem Kulturkollektiv Goetheschule e.V. aus Lauscha konnte sich 2016 ein noch relativ junger Verein durchsetzen. Die Jury würdigte in ihrer Begründung vor allem das außerordentliche Engagement des erst 2014 gegründeten Kulturkollektivs beim Aufbau eines soziokulturellen Zentrums in der südthüringischen Stadt. Unter schwierigsten Bedingungen und in Eigenregie seien die Räume und teilweise auch das Gebäude der ehemaligen Goetheschule gemeinschaftlich instand gesetzt worden. Inzwischen nutzen 40 Maler, Grafiker, Musiker, Graffitikünstler, Glasbläser, Fotografen und Filmschaffende die Räumlichkeiten. Es finden regelmäßig Konzerte, Poetry Slams, Open-Air-Kino, Ausstellungen und Workshops statt. Nach Ansicht der Jury ermöglichten die Veranstaltungen und Aktivitäten des Kulturkollektivs breiten Bevölkerungs- und Altersgruppen ein Zugang zu Kunst und Kultur und berücksichtigten auch die kulturellen Traditionen des Ortes. Mit der zuvor leerstehenden Goetheschule sei zudem ein für die Stadt emotional stark besetzter Ort wieder zugänglich gemacht und einer neuen Nutzung zugeführt worden. Die Jury würdigte dies als einen wichtigen Impuls für die von Abwanderung und Überalterung betroffene Region.

Insgesamt erreichten die LAG Soziokultur Thüringen als Stifter des KULTURRIESE-Förderpreises in diesem Jahr 28 Bewerbungen soziokultureller Vereine und Initiativen aus ganz Thüringen. Die Jury war beeindruckt von der Vielfalt der Arbeitsfelder der Bewerber. Die Spanne reichte vom privat betriebenen Museum im Thüringer Wald über das spartenübergreifende Musical-Projekt und das soziokulturelle Zentrum in der Kleinstadt bis hin zum zeitgenössischen Musik-Festival im urbanen Raum. All diese Projekte und Einrichtungen trügen auf ihre Weise dazu bei, Menschen verschiedener Generationen und sozialer Schichten im Kulturbereich anzuregen, ihre kreativen Potenziale zu entfalten. Ihr Tun wirke identitätsstiftend, ermögliche aktive Teilhabe und bereichere unseren Alltag, so die Jury.

Aus allen Bewerbern nominierte die Jury sieben Vereine und Projekte für den diesjährigen Förderpreis. So stand ein relativ neues Projekt, wie die Kulturbaustelle Suhl neben schon etablierten Einrichtungen, wie dem Greizer Theaterherbst oder dem Café Wagner aus Jena. Aber auch das Musical-Projekt des Vereins Zukunft Harztor, das gemeinsam mit vielen unterschiedlichen Akteuren der Nordthüringer Gemeinde auf die Beine gestellt wurde, war unter den Nominierten. Ebenso gewürdigt wurde das Engagement des Vereins studio44 aus Nordhausen, der in diesem Jahr mit einem Zirkuszelt einen neuen Veranstaltungsort für die Stadt etablieren konnte. KLICK – das Festival für Jetztkultur aus Jena schließlich zeigte, wie zeitgenössische Kulturformate an verschiedenen urbanen Orten ineinandergreifen und zu einer interkulturellen Verständigung führen können.

Die Entscheidung über die sieben Nominierten und den Hauptpreisträger traf eine fachkundige und unabhängige Jury, die in diesem Jahr aus folgenden Mitgliedern bestand: Dr. Julia Ackerschott (Thüringer Landgesellschaft, Umsetzung Kulturentwicklungskonzeption Hildburghausen-Sonneberg), Monique Förster (Kunsthaus Erfurt e.V.), Philipp Gliesing (PAF – Pößneck Alternativer Freiraum e.V.; Vorjahrespreisträger), Michael Helbing (Thüringer Allgemeine), Alexander Lochthofen (LAG Soziokultur Thüringen e.V.).

Die Preisverleihung fand am 1. Dezember 2016 im Kulturcafé Franz Mehlhose in Erfurt statt. Das Publikum unternahm einen unterhaltsamen Trip ins thüringische Hinterland zu den glorreichen sieben Nominierten. Durch das Programm plaudertn, spielten und sangen sich die Kultur-Trapper Stephan Boden und Andreas Fehrle vom Jenaer THEATERfahrendesVOLK. Tatkräftig unterstützt werden sie dabei von Prof. Dr. Benjamin Immanuel Hoff, Chef der Thüringer Staatskanzlei und Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten sowie der Jagdhornbläsergruppe „St. Hubertus“ aus Erfurt.

Impressionen von der Preisverleihung

KULTURRIESE-Faltplakat 2015 mit Infos zur allen Nominierten (pdf.-Datei, 5 MB)

Sieger 2015: Vertreter des PAF e.V. präsentieren zur Preisverleihung die KulturRiese-Wanderskulptur // Foto: LAG Soziokultur Thüringen / Boris Hajdukovic

Der PAF – Pößneck Alternativer Freiraum e.V. erhält 2015 den KULTURRIESEN. Damit wird er für sein überdurchschnittlich vielfältiges kulturelles und gesellschaftspolitisches Engagement sowie für den Aufbau eines alternativen Jugend- und Kulturzentrums in der ostthüringischen Kleinstadt gewürdigt.

Knapp einhundert Kulturschaffende und Vertreter aus Politik und Verwaltung aus ganz Thüringen waren am 13. November 2015 ins Kulturcafé Franz Mehlhose nach Erfurt gekommen, um bei der Preisverleihung des KULTURRIESEN dabei zu sein. Aus den insgesamt 31 Bewerbungen hatte eine unabhängige Fachjury sieben Vereine und Initiativen für den Förderpreis nominiert.

Mit dem PAF – Pößneck Alternativer Freiraum e.V. überzeugte einer der Nominierten die Jury besonders und bewog sie zu einem eindeutigen Votum. Dem PAF sei es laut Jury gelungen, mit dem Aufbau eines Jugend- und Kulturzentrums in der Innenstadt von Pößneck einen Freiraum für Jugendliche und junge Erwachsene zu schaffen und ihnen damit eine Perspektive in einer von Abwanderung betroffenen ländlichen Region zu eröffnen. Hierbei beeindruckte insbesondere die Vielfalt der Vereinsaktivitäten, sowohl im kulturellen als auch im gesellschaftspolitischen Bereich: angefangen bei den regelmäßigen Lesungen auf dem „roten Sofa“, über die Bewirtschaftung des Gemeinschaftsgartens und den Betrieb einer „Volksküche“ bis hin zur Initiierung der „Stolpersteine in Pößneck“ zur Erinnerung an die Opfer des deutschen Faschismus. Mit der Wiederbelebung einer vorher ungenutzten und unsanierten Immobilie als Kulturzentrum in innerstädtischer Lage sei es dem der Verein gelungen aufzuzeigen, wie mit Leerstand kreativ umgegangen werden kann. „Die Aktivitäten des PAF auf diesen unterschiedlichen Ebenen sind beispielhaft für eine soziokulturelle Praxis“, so die Jury abschließend in ihrer Begründung.

KULTURRIESE-Faltplakat 2015 mit Infos zur allen Nominierten (pdf.-Datei, 3,5 MB)

Fotos von der KULTURRIESE-Preisverleihung 2015

Die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur Thüringen e.V. vergab den KulturRiesen 2014 an den Förderverein Zukunftswerkstatt Paul-Gustavus-Haus e.V. (Link: www.gustavushaus-altenburg.de) aus Altenburg. Der Verein wurde für sein vorbildliches Engagement ausgezeichnet, die ehemalige und denkmalgeschützte Malzkaffeerösterei zu einem soziokulturellen Ort zu entwickeln und damit alternative Nutzungsmöglichkeiten für dieses wunderschöne Baudenkmal in zentraler, innerstädtischer Lage aufzuzeigen. Trotz schwieriger Umstände beweisen die Aktiven des Vereins, dass es durch Eigeninitiative, frische und unkonventionelle Ideen und einen intergenerativen Ansatz gelingen kann, das eigene Umfeld aktiv mitzugestalten, identitätsstiftend und imagebildend für die eigene Stadt zu wirken, sowie breite Bevölkerungsschichten einzubeziehen.
Mit Blick auf eine Zeit, wo vor allem im ländlichen Raum immer mehr Kulturorte schließen müssen oder in ihrer Existenz gefährdet sind, lautete das Fazit der Jury am Ende der Vergabesitzung: »Dieses soziokulturelle Engagement ist nicht nur sehr beeindruckend, sondern hat einen echten Vorbildcharakter gerade im ländlichen Raum.«

Alle Bewerber auf einen Blick

Foto: LAG Soziokultur Thüringen e.V.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur Thüringen e.V. verlieh 2013 den KulturRiesen an den Klanggerüst e.V. aus Erfurt.
Der Verein, der in der ehemaligen Direktorenvilla der Malzfabrik in der Magdeburger Allee 175 in Erfurt sitzt, führt regelmäßig Veranstaltungen durch, bei der sich Nachwuchskünstler einem Publikum präsentieren können. Sie haben sich der Förderung von jungen Künstlern und Musikern verschrieben. Sie stellen zudem ihre Räumlichkeiten für Probe- oder Atelierräume gegen eine geringe Miete zur Verfügung.
All dies stemmen sie über großes ehrenamtliches Engagement. Durch verschiedene Kooperationen und ihre Mitarbeit in Initiaitven zur Weiterentwicklung der Soziokultur in Erfurt bringen sie sich aktiv in ihren Sozialraum und speziell den Erfurter Norden ein.

Foto: Alexander Manhardt für LAG Soziokultur Thüringen e.V.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur Thüringen e.V. erkannte 2012 den KulturRiesen dem Kulturverein Alte Papierfabrik Greiz e.V. zu.
Der Verein wurde für sein unglaublich beharrliches Engagement ausgezeichnet, das ehemalige Industriegelände der Papierfabrik in Greiz zu einem kulturellen Ort umzugestalten. Trotz schwieriger Umstände zeigen die Greizer, dass es auch abseits der Städtekette Erfurt-Weimar-Jena gelingt, durch Eigeninitiative und künstlerische Interventionen das eigene Umfeld aktiv mitzugestalten sowie breite Bevölkerungsschichten einzubeziehen.
»Die Aktivitäten des Vereins richten sich gegen die Tristesse in einer Stadt, die einen Großteil ihrer Einwohner verloren hat und wo vor allem Jugendliche oft keine Perspektive zum Bleiben sehen. Mit dem Erhalt der Industriebrache Papierfabrik ist hier ein idealer Ort für Kunst, Kultur und Kreativität entstanden. Über künstlerische Workshops, Aktionen, Ausstellungen und die Aufbereitung geschichtlicher Dokumente zur Fabrik (unter Einbeziehung von Zeitzeugen) bietet der Verein eine Reihe vielfältiger Angebote zur künstlerischen Entfaltung und Identitätsfindung. Das Besondere ihrer Arbeit ist auch, neue Formen der Kulturarbeit zu integrieren und an lokale Traditionen und Eigenheiten anzupassen.« – so das Fazit der Jury.

Foto: LAG Soziokultur Thüringen e.V.

2011 ging der KulturRiese an den Kulturverein schwarzwurzel aus Steinach. Der Verein wurde ausgezeichnet für seine ambitionierte Projektreihe »schwarzwurzel«, ein Kulturprojekt über Heimat, die Ver- und Entwurzelung ihrer Menschen, über vergessene Geschichten einer Landschaft und über den Austausch zwischen den Generationen.
»Mit seinen künstlerischen Methoden und Ausdrucksmöglichkeiten geht der Verein dorthin, wo es sehr sensible gesellschaftliche Brüche, Konflikte, Ängste und Herausforderungen gibt – in die thüringische Kleinstadt Steinach. Über künstlerische Workshops, Vorträge, Aktionen, Ausstellungen und das Volkstheaterstück schwarzwurzel greifen sie gesellschaftliche Entwicklungen auf, suchen nach neuen Handlungswegen, bieten neue Gesprächsangebote und Identität. Das Besondere ihrer Arbeit ist der Transfer aktueller Diskurse und Formen der Kulturarbeit, die sich zumeist in Großstädten etablieren, in kleine Städte und ländliche Gebiete und sie mit lokalen Traditionen und Eigenheiten zu verbinden. Dieses soziokulturelle Engagement ist hat ein echtes gesellschaftsgestaltendes Gewicht« – so die Jury in ihrer Begründung für die Vergabe des Preises.

Foto: Holger John für LAG Soziokultur Thüringen e.V.

Unter den 22 eingereichten Bewerbungen wählte die Jury im Jahr 2010 den Verein caleidospheres e.V. aus Jena als Preisträger des KulturRiesen aus.
Hervorgegangen aus dem Kunstprojekt »Tausend und eine Art« leistet der Verein caleidospheres seit vielen Jahren basisnahe Kulturarbeit, die identitätsstiftend wirkt und das Bewusstsein für Kultur und deren gesellschaftliche Bedeutung schärft. Die Jury würdigte insbesondere das beispielhafte und kontinuierliche Engagement »Kultur mit innovativen und unkonventionellen Methoden praktisch umzusetzen, Kunst für die Bevölkerung begreifbar zu machen und Impulse zu geben, sich selbst einzubringen sowie gemeinsam kreativ-kommunikative Prozesse und kulturelle Orte entstehen zu lassen«.
Trotz des Verlusts der festen Vereinsstätte im Jahr 2009, der »Kulturgüterhalle« am Westbahnhof mit Veranstaltungs- und Proberäumen, Ateliers und Tonstudio, setzt der Verein seine Arbeit nicht minder engagiert an verschiedenen, temporär genutzten Orten fort. Besonders die starke Vernetzung mit anderen Kunst- und Kulturschaffenden und die Funktion als Bindeglied zwischen der Bevölkerung und den Gästen der Stadt Jena sowie der außerordentlich hohe ehrenamtliche Einsatz der Projektbeteiligten gaben den Ausschlag für die Entscheidung der Jury.

Foto: LAG Soziokultur Thüringen e.V.

Ein Preis war ausgelobt, zwei wurden vergeben. So überzeugten die Jury im Jahr 2009 gleichermaßen der Verein art der stadt e.V. aus Gotha und das Zirkusprojekt Omarillio aus Weimar bei der Wahl des KulturRiesen.
Das Zirkusfestival Omarillio aus Weimar leistet durch seinen partizipativen, multidisziplinären Ansatz beispielgebende soziokulturelle Arbeit und besticht durch seinen modellhaften und höchst zeitgenössischen Charakter. Hervorgegangen aus dem Projekt »Artisten gesucht«, bietet Omarillio Musikern, Artisten und Kunstschaffenden eine offene Bühne, verknüpft neue, multidisziplinäre Kunstformen miteinander, verbindet international, lässt teilhaben und vereint Menschen im gerneinsamen Schaffensprozess.
Der Verein art der stadt e.V. aus Gotha leistet über das Medium Theater hinaus innovative und basisnahe Kulturarbeit, die identitätssiftend wirkt und eine Ausstrahlung auf ganz Thüringen besitzt. Besonders würdigte die Jury das beispielhafte und kontinuierliche Engagement der Mitglieder und Aktiven.

Foto: Michael Radisch für LAG Soziokultur Thüringen e.V.

Mit der Vergabe des KulturRiesen an das Projekt hEFt für literatur für stadt und alltag des Erfurter Kulturrausch e.V. wurde im Sommer 2008 in Würdigung eines herausragenden Projektes soziokultureller Arbeit der Grundstein für weitere Auszeichnungen gelegt.
Die Jury überzeugte das außergewöhnlich hohe, ehrenamtliche Engagement und die Tatsache, dass sich das hEFt trotz einer schwierigen finanziellen Situation etablieren konnte. Über das Medium Literatur gibt das etwas andere Stadtmagazin einer breiten Zielgruppe Podium und Medium für künstlerische und kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlich Themen. Es ermöglicht darüber hinaus eine Vielfalt an Partizipation und Engagement. In seiner Struktur eines offenen Netzwerkes, das zugleich Chancen und Potenziale authentischer und spartenübergreifender Kulturarbeit verdeutlicht, trägt das Projekt aktiv zur Förderung von Jugend- und Soziokultur bei.

Foto: LAG Soziokultur Thüringen e.V.